Heute veröffentlichen wir unser zweites Experteninterview zum Thema Qualitätsmanagement. Dieses Mal berichtet Herr König von seiner Arbeit bei einem international tätigen Automobilzulieferer. Neben interessanten Einblicken in seine tägliche Arbeit, lernen wir ausserdem einiges über die Herausforderungen als Qualitätsmanagementbeauftragter in seiner Position.
Interview
Das folgende Interview wurde persönlich geführt und anschliessend transkribiert. Meinungen und Kommentare sind rein persönlicher Natur.
Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Mein Name ist Oliver König; ich bin als Qualitätsmanager bei einem Automobilzulieferer beschäftigt, welcher zu einem Weltkonzern gehört. Der Standort, an dem ich tätig bin, ist jedoch operativ eher mittelständisch strukturiert. Wir recyceln dort pyrometallurgisch Fahrzeug- und Industriebatterien, um die darin enthaltenen metallischen Rohstoffe für die Wiederverwertung zurückzugewinnen. Als Automobilzulieferer sind wir nach ISO TS 16949 zertifiziert, doch auch Sicherheit, Umwelt- und Energiemanagement haben einen hohen Stellenwert, so dass wir auch diese Zertifikate besitzen.
Ich selbst bin Maschinenbauingenieur (TU) und habe ein Jahr meines Studiums in den USA verbracht, habe jedoch zusätzlich berufsbegleitend auch einen MBA für Logistikmanagement und die Qualifikation zur Fachkraft für Arbeitssicherheit erworben. Ich habe nicht von Anfang an direkt im Qualitätswesen gearbeitet, doch konnte ich durch meine vorherigen Tätigkeiten als Projektingenieur und Unternehmensberater schon umfangreiche Erfahrungen im Betreuen von Projekten mit Qualitätszielen sowie dem Erfassen und Gestalten von Unternehmensprozessen gewinnen, so dass die Weiterentwicklung zum Qualitätsmanager sich ganz natürlich ergab.
In welchem QM-Bereich sind Sie tätig? Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?
Als hauptverantwortlicher Qualitätsmanager für das ganze Werk beinhaltet meine Arbeit praktisch alle Facetten des Qualitätsmanagements. Das reicht vom Dokumentenmanagement über die Prozessdokumentation, das Anfertigen von FMEAs, die Mitarbeit an Lieferantenfreigaben bis hin zur Überwachung der Qualitätssicherungsaufgaben, die teilweise auch von Mitarbeitern aus anderen Bereichen wie z.B. der Produktion und der Logistik wahrgenommen werden. Besonders häufig ist das bei der Wareneingangs- und der prozessbegleitenden Produktkontrolle der Fall, während ich für die Labormitarbeiter, die die Warenausgangskontrolle vornehmen, auch personell verantwortlich bin. Daher entwickle ich für diese die entsprechenden Unterweisungen und führe sie vor Ort durch. Als Qualitätsmanager bin ich als interner Auditor nach DIN EN 19011 ausgebildet, führe daher die internen Qualitätsaudits nach ISO TS 16949 durch und betreue auch die externen Qualitätsaudits durch unsere Zertifizierungsstelle. Zusätzlich gehört das Bearbeiten von Kunden- und Lieferantenreklamationen zu meinen Aufgaben, und darüber hinaus fungiere ich ebenso als Key Account Manager und bin der erste Ansprechpartner für unsere Kunden.
Aufgrund dieser Aufgabenvielfalt kann mein Tagesablauf sehr unterschiedlich sein. Neben festen Terminen wie Managementbesprechungen vor Ort oder telefonisch mit Kollegen an anderen Standorten in der ganzen Welt (fließendes Englisch ist in einem Weltkonzern Pflicht) richtet sich der Tagesablauf hauptsächlich an den vereinbarten Zielen aus, solange aktuelle Ereignisse keine anderen Prioritäten erfordern. Wie ich meine Aufgaben im Einzelnen zeitlich wahrnehme, kann ich – in Absprache mit den beteiligten Kollegen – in der übrigen Zeit selbst bestimmen. So kann ich z.B. Besprechungen auf Zeiten legen, zu denen die beteiligten Kollegen verfügbar sind, und Eigenarbeiten wie Dokumentenfreigaben oder das Ausformulieren von Prozessbeschreibungen zu anderen Zeiten durchführen.
Welches Ziel verfolgen Sie persönlich mit Ihrer Arbeit im Bereich Qualitätsmanagement? Was möchten Sie erreichen?
Zum einen möchte ich sicherstellen, dass die Erwartungen unserer Kunden an unsere Produkte zuverlässig und zu akzeptablen Preisen erfüllt werden – selbst die, die sie nicht äußern und die, derer sie sich möglicherweise nicht einmal bewusst sind. Dazu gehört für mich der regelmäßige Kontakt mit dem Kunden ebenso wie der Hinweis auf potenzielle Schwierigkeiten, derer sich der Kunde möglicherweise selbst nicht bewusst ist, um nicht nur als Lieferant, sondern als langfristig zuverlässiger Partner wahrgenommen zu werden.
Zum anderen hat die Kontrolle der eigenen Arbeitsprozesse für mich eine hohe Priorität, denn ich kann das oben beschriebene Ziel nur mit einem hinreichend genauen Wissen über die eigenen Prozesse erreichen. Darüber hinaus liefert die Erfassung und messtechnische Überwachung der Prozesse das Grundgerüst für die nachweisbare Weiterentwicklung derselben, um diese so effektiv wie möglich zu gestalten.
Welches Ziel verfolgt die Geschäftsleitung mit der QM-Arbeit bzw. was wird von Ihnen erwartet? Sind Ihnen Ihre QM-Ziele bekannt?
Das QM-Ziel der Geschäftsleitung ist hauptsächlich die Vermeidung von Kundenreklamationen und das Sicherstellen eines möglichst störungsfreien Betriebsablaufs. Dazu gehört unmittelbar die Gewährleistung zuverlässiger Warenausgangskontrollen, mittelbar jedoch auch die systematische Beschreibung der Arbeitsprozesse und die Beratung, welche Erwartungen an die Unternehmensorganisation gestellt werden und wie diese abgebildet werden sollten. Da die Geschäftsleitung die jährlichen QM-Ziele mit mir bespricht, sind mir diese natürlich nicht nur bekannt, sondern ich lege sie auch selbst mit fest.
Auf welche Probleme stossen Sie bei Ihrer täglichen Arbeit im Bereich QM?
Die größten Probleme, die ich vorfinde, sind:
- Ein zu dogmatisches Befolgen der Unternehmensvorschriften ohne das Betrachten des tieferen Sinns hinter den entsprechenden Anweisungen
- Eine zu selbstverständliche Erwartungshaltung bei Mitarbeitern und teilweise auch Managern, dass Kundenaufträge auf jeden Fall kommen, ohne zu beachten, dass wir trotz unserer momentan durchaus komfortablen Situation dennoch im Wettbewerb stehen und sich die im Moment gute Lage sehr schnell ändern kann
- Eine zu starke Ausrichtung auf Anschaffungs- oder Personalkosten, bei denen durch vordergründige Einsparungen erzwungene Mehrarbeit oder erhöhter Verschleiß im Arbeitsprozess nicht beachtet wird – Sparen an der falschen Stelle wird oft sehr teuer.
Welche Unterstützung wünschen Sie sich bei Ihrer Arbeit? Würden Sie personelle Unterstützung gebrauchen oder materielle (Tools, Vorlagen usw.)?
Ich hätte gerne einen festen Stellvertreter, um einem persönlichen Ausfall z.B. durch Unfall oder Krankheit besser vorbeugen zu können, als auch zur Entlastung während Stoßzeiten, da es dort vorkommen kann, dass die Bearbeitung mancher Themen zu lange dauert. Mein Tag hat eben leider auch nur 24 Stunden.
Gibt es etwas, dass Ihnen die Arbeit leichter machen würde?
Eine stärkere Ausrichtung der Mitarbeiter auf die Kunden würde mir das Leben erleichtern. Außerdem würde ich mich darüber freuen, wenn sich mehr Menschen damit beschäftigen würden, zuerst die Ursache eines Problems gründlich zu ermitteln, bevor eine schuldige Person gesucht wird.
Vielen Dank für das Interview und Ihre Zeit!
Wir danken Herrn König für das Interview. Für seine weitere Arbeit wünschen wir ihm weiterhin alles Gute. Sie möchten auch ein Interview von sich lesen? Gerne verlinken wir auch auf Ihre Profile im Netz. Kontaktieren Sie uns einfach.